„Wozu muss ich das überhaupt lernen?“
Jeden Nachmittag dasselbe. In Ihrem Zuhause herrscht Friede und Harmonie, doch kaum kommt es zum Thema Lernen oder Hausübungen machen, sinkt die Stimmung in den Keller. Ihr Kind wird grantig oder widerspenstig und nach wenigen Minuten eskaliert ein Streit. Ab und zu gibt es bessere Tage. Es keimt so etwas wie Hoffnung in Ihnen auf und Sie halten die Luft an, um den Moment nicht zu zerstören. Doch am nächsten Tag kann der Traum von einem motivierten Kind schon wieder platzen. Die Nachmittage rauben nicht nur Ihnen und Ihrem Kind Energie, sie müssen deswegen auch gemeinsame Aktivitäten ausfallen lassen. Die Beziehung zu Ihrem Kind wird immer mehr belastet und die ganze Familie leidet darunter.
Bestimmt haben Sie sich schon oft gefragt, warum manche Kinder hoch motiviert und wie von alleine ihre Hausübungen machen und warum das bei Ihrem Kind nicht klappt. Die Frustration steigt noch, wenn Ihr Kind als faul oder dumm dargestellt wird und von der Schule oder Ihrem Umfeld nur noch Vorwürfe kommen. Daher wollen wir gemeinsam heute ein bisschen in die Motivforschung eintauchen.
Auf der Suche nach den Motiven
Motivation kommt von dem Wort „Motiv“ und bedeutet „Beweggrund“. Wir brauchen sie, die Motivation nicht nur für die Schule oder die Arbeit, sie begegnet uns in fast allen Lebenslagen. Jede Sportlerin und jeder Sportler benötigt Motivation, um Leistung zu erbringen, motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind die Basis jeden Unternehmens und erst recht für Dinge wie die Hausarbeit oder die Steuererklärung müssen wir uns motivieren. Was steckt also dahinter?
Aufgaben, die wir gerne machen, die wir oft machen und die wir gut können, fühlen sich für uns nicht wie Arbeit an. Hier sind wir intrinsisch motiviert. Das heißt, unser Antrieb kommt von innen. Es gibt diese Kalendersprüche: „Tu, was du gerne tust, und es fühlt sich nicht wie Arbeit an.“
Das mag schon stimmen, doch für Ihr Kind und seine Hausübungen wird das nicht reichen. Außerdem kann die intrinsische Motivation einen Dämpfer bekommen, wenn eine Verpflichtung darübergestülpt wird. Wenn etwas zum Muss wird, ist Schluss mit lustig.
Die extrinsische Motivation, also die Motivation von außen, klappt manchmal kurzfristig. Sie belohnen ihr Kind fürs Lernen. Mehr Fernsehzeit, Ausflüge oder Geschenke als Tauschhandel für erledigte Aufgaben. Oder Sie bestrafen es, streichen die Handyzeit oder das Geburtstagsfest beim Freund, wenn die Aufgaben nicht erledigt sind. Die daraus entstehenden Spannungen und Streitigkeiten kennen Sie nur zu gut.
Die Frage nach dem „Warum?“
Ob von innen oder außen, entscheidend ist der Beweggrund, das Motiv. Die Antwort auf die Frage: „Warum muss ich lernen?“, kann also nicht sein: „Weil du das später vielleicht einmal brauchen kannst.“ Die Motive müssen wir in den Bedürfnissen suchen, in dem Fall sind es die Bedürfnisse Ihres Kindes. Wir alle haben das Bedürfnis nach Anerkennung, Neugierde, Lernen, Leistung, Selbstwirksamkeit und Selbstverwirklichung. Gleichzeitig haben wir auch das Bedürfnis negative Gefühle zu vermeiden: Abwertung, Ausgrenzung oder das Gefühl der Inkompetenz oder zu versagen.
Viele Kinder lernen gerne, weil sie die Anerkennung der Lehrerin oder des Lehrers wollen. Sie sind erfolgreich, bekommen positive Rückmeldungen für ihre Leistungen und lernen gerne weiter. Wenn Ihr Kind zum Beispiel in Mathematik häufig schlecht bewertet wird, es sich inkompetent fühlt, wird es jede Auseinandersetzung mit Mathematik vermeiden. Das soll nicht heißen, dass der Schlüssel zur Motivation alleine beim Lob oder Tadel der Lehrkraft liegt. Das wäre zu einfach. Manchmal überwiegt das Bedürfnis nach Vermeidung negativer Gefühle so stark, dass Ihr Kind genau aus diesem Grund nicht Arbeiten kann. Die Frage muss daher lauten: „Warum klappt es oder warum nicht?“ Darüber hinaus reicht die Beantwortung der Frage nach den Beweggründen und den Bedürfnissen alleine nicht aus.
Entscheidend ist auch das „Wie?“
Hier braucht jedes Kind, je nach Alter und Fähigkeiten zur Organisation mehr oder weniger Unterstützung. Der Lernstoff oder die Hausübungen müssen nach Menge, Art und Zeitaufwand strukturiert werden. Es müssen alle notwendigen Materialien und Werkzeuge zur Verfügung stehen, um die Arbeit erledigen zu können. Ihr Kind braucht einen ruhigen, ablenkungsreduzierten Arbeitsplatz. Schlussendlich müssen auch die Anforderungen an die Kompetenzen Ihres Kindes anknüpfen.
Häufig merken wir in unserer Arbeit mit den Familien schon eine Erleichterung, wenn wir gemeinsam Strategien entwickeln, wie Lernen funktionieren kann. Auch als Eltern möchte man sich kompetent fühlen, das eigene Kind durch die Schulzeit zu begleiten. Oft hat man das Gefühl, dass es in den anderen Familien so gut klappt, nur man selber strauchelt ständig. Die Außenwirkung kann stimmen oder auch nicht. Es ist aber auf jeden Fall absolut in Ordnung, sich hier Unterstützung zu holen.
Was, wenn es nicht klappt?
Eine gute Frage, vielleicht sogar die wichtigste. Diese Frage ist vielleicht das Geheimnis des Erfolges. Daher stellen wir diese Frage gleich mit. Was, wenn der Weg, den wir einschlagen noch nicht klappt? Was könnte der Grund dafür sein? Welche Schwierigkeiten können auf uns zukommen? Mit diese und andere Fragen können wir schon im Vorfeld einige Stolpersteine aus dem Weg räumen. Die Wahrscheinlichkeit des Gelingens steigt damit.
In den meisten Fällen steigt auch die Motivation mit unserer Unterstützung sehr schnell. Doch wir kennen dieses Phänomen der Neujahresvorsätze: Eine Woche, vielleicht zwei, halten wir durch. Doch dann stellt sich wieder der alte Schlendrian ein. Darum hören wir auch nicht auf, Fragen zu stellen: Was läuft jetzt gut? Warum läuft es gut? Was läuft noch nicht so gut? Und noch viele weitere Fragen.
Wir wissen, dass Veränderung ein Prozess ist und bei jedem etwas anders abläuft. Veränderung hat auch immer damit zu tun, alte Gewohnheiten loszulassen. Auch das ist nicht immer leicht. Gemeinsam schaffen wir das und vielleicht fühlt es sich irgendwann so an, als ob Sie den Motivationsknopf bei Ihrem Kind gefunden hätten.