Sommergedanken 3: Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne…

„Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,

der uns beschützt und der uns hilft, zu leben…“

Diese Zeilen aus einem der bekanntesten Gedichte von Hermann Hesse („Stufen“, 1941) sind mittlerweile in unsere Alltagssprache eingegangen.

Wie konnte das gelingen?

Unser Leben ist geprägt von unzähligen Neuanfängen und Abschieden. Wie tröstlich und zugleich stärkend wirken da Hesses Worte, der uns beschreibt, wie schützend der Zauber alles Neuem für uns Menschen sein kann. Wir alle kennen die gute, hoffnungsfrohe Energie, den Mut, wenn wir uns voller Elan in eine neue Aufgabe stürzen.

Jetzt, Anfang September, steht vielen Menschen ein Neuanfang bevor: ein neues Schuljahr startet, ein Schulwechsel steht vielleicht an, möglicherweise werden die ersten Schritte ins Arbeitsleben gegangen oder ein Studium wird begonnen. Wenn auch kein neues Kalenderjahr, so beginnt für viele von uns im Herbst ein neues Arbeitsjahr.

Wir spüren einen Sommer, der sich verabschiedet. Für manche vielleicht ein Abschied von Unbeschwertheit und Leichtigkeit, für andere der Abschied von einfach viel zu heiße Tagen.

Gerade nach diesem Sommer der Unwetter und Überschwemmungen verlangt es nun manchmal nach einem Neuanfang, wenn Verwüstungen durch Unwetterkatastrophen das eigenen Leben vollkommen auf den Kopf gestellt haben.

Denn Neuanfänge und Abschiede sind nicht immer selbst gewählt.

Manche werden uns vom Leben auferlegt, von außen an uns herangetragen, wie etwa Krankheit, Tod, Trennung, Jobverlust.

Andere Neubeginne wählen wir selber: eine neue Beziehung, berufliche Umorientierung, einen neuen Wohnort, …

Ein Neuanfang ist eine Zäsur im Leben, die den Alltag komplett verändert. Ob dieser Neubeginn nun selbst gewählt ist oder von außen an uns herangetragen wurde, Mut und Aufgeschlossenheit für das Neue benötigen wir auf jeden Fall, ebenso ein „starkes Herz“, um den Schmerz des Abschiedes von Altem und Vertrautem zu überwinden.

So tut Hesses Gedicht unserer Seele gut, da es uns Zuversicht schenkt, Altes hinter uns zu lassen und mutig Neuem gegenüber zu treten.

Viel Spaß beim Lesen von:

Stufen

Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe
bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
in andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
an keinem wie an einer Heimat hängen,
der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
er will uns Stuf´ um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen;
nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
uns neuen Räumen jung entgegen senden,
des Lebens Ruf an uns wird niemals enden,
wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!

Hermann Hesse (1941)

Beratungstermin vereinbaren

Sie buchen ein kostenloses 30-minütiges Erstgespräch.