Steigen Sie ein, kommen Sie mit, verpassen Sie nicht die letzte Runde mit unserem Gefühlskarussell! Für die finale Fahrt haben wir uns das schönste aller Gefühle aufgehoben. Die Liebe! Heute schauen wir uns an, warum wir unsere Kinder so unendlich Lieben und warum wir manchmal aus Liebe Dinge tun, die unseren Kindern schaden.
Es gibt wohl keine tiefere Liebe als die Liebe zum eigenen Kind. Man hält dieses Bündel Leben in den Armen und die Zeit scheint stehenzubleiben. Das Kind wächst heran, so vieles geschieht zum ersten Mal: Das erste Lächeln, das erste Mal durchschlafen, die ersten Weihnachten. Sicher ist es schön, wenn wir uns verlieben und Schmetterlinge im Bauch haben, doch das ist Nichts im Gegensatz zu diesem überwältigenden Feuerwerk an Endorphinen, die wir zu Beginn unserer Elternschaft spüren.
Wir brauchen Liebe wie wir Luft zum Atmen brauchen
Dieser hormonelle Überschuss ist evolutionär gut durchdacht. Auch wenn dieses Bündel Leben noch so viel schreit, nächtelang nicht durchschläft oder bis zum Hals vollgekackt ist, wir lieben es trotzdem. Wir gehen an unsere körperlichen und psychischen Grenzen und darüber hinaus, um dieses Leben zu versorgen, zu beschützen und seine Bedürfnisse zu stillen. Wir wissen, unser kleiner Schatz ist auf uns angewiesen. Ohne uns wäre er nicht überlebensfähig.
Um gesund heranwachsen zu können müssen für das Kind nicht nur die körperlichen Bedürfnisse wie Hunger, Durst, Schlaf und Sauberkeit erfüllt werden. Genauso wichtig, tatsächlich überlebenswichtig, ist die Zuneigung, die Liebe und die Kommunikation in den ersten Lebensjahren. Es gibt Grund zur Annahme, dass Kaiser Friedrich II im 13. Jahrhundert n.Chr. ein Experiment mit Neugeborenen durchführen ließ. Er veranlasste, dass Neugeborene den Müttern weggenommen wurden und von Ammen aufgezogen werden sollten. Sie sollten sie füttern und baden, aber ihnen auf keinen Fall Liebkosungen zukommen lassen oder mit ihnen sprechen. Das Experiment sollte ursprünglich zeigen, welches die ursprünglichste Sprache sei – griechisch oder hebräisch. Doch die Mangelnde Zuneigung und Liebe hatte zur Folge, dass alle Babys starben. Unvorstellbar und zum Glück mit den heutigen ethnischen Maßstäben nicht mehr vereinbar.
Was wir aus Liebe tun
Wächst das Kind heran, wird diese Bindung zum Kind oft auf die Probe gestellt. Doch diese Liebe veranlasst uns, so vieles auszuhalten, zu überstehen und ungeahnte Kräfte zu entwickeln. Das Bild der Löwenmama kennen wir alle. Doch diese unendliche Liebe hat auch eine Kehrseite und lässt uns manchmal nicht nur unvernünftige Entscheidungen treffen, sie bewirkt oft sogar, dass wir ein für unsere Kinder schädliches Verhalten an den Tag legen.
Für die kindliche Entwicklung ist das Erlernen von Problemlösungs-Denken genauso wichtig, wie die Gewissheit, dass wir für sie da sind, wenn sie uns brauchen. Und genau diese Gradwanderung ist, so finde ich, fast das Schwierigste am Elternsein. Binde ich meinem Fünfjährigen die Schuhbänder, weil es dann schneller geht, oder lasse ich ihn kämpfen? Trage ich die Schultasche meiner Achtjährigen, oder bespreche ich mit ihr, wie man eine Schultasche packt? Entschuldige ich die vergessene Hausübung bei der Lehrkraft, oder kann mein Kind selbst die Verantwortung dafür übernehmen?
Ich will alleine!
„Hilf mir, es selbst zu tun.“, ist einer der berühmtesten Aussagen von Maria Montessori. Und es ist nicht nur die Problemlösung, die unsere Kinder lernen, sondern sie erleben das Gefühl, etwas geschafft zu haben. Selbstwirksamkeit: Ich kann etwas bewirken, ich kann etwas verändern. Mia baut einen Turm aus Bausteinen. Am Anfang kann sie kaum drei vier Steine übereinander stapeln, doch mit der Zeit lernt sie etwas über Statik. Der Turm wird immer höher, bald schon höher als sie selbst. Unfassbar stolz steht sie vor dem übergroßen Turm und schmeißt ihn dann mit großer Freude wieder um. Es kracht, es poltert, Mia juchzt vor Freude. Mia hat nicht nur etwas über Statik gelernt, sondern auch über Geduld und über Schwerkraft, über versuchen, scheitern und wieder versuchen. Und am Ende schöpft sie aus dem Gelingen die Motivation für viele weiteren Versuche.
Weil wir unsere Kinder lieben, lassen wir sie ihre Erfahrungen machen, unterstützen sie dabei, schauen ihnen mit ein bisschen Herzschmerz beim Scheitern zu und freuen uns, wenn sie wieder aufstehen und es noch einmal versuchen. Wir sind dabei an ihrer Seite, trösten sie und ermutigen sie.
Das ist wahre Liebe.