
Prüfungsangst
Der Lehrer betritt die Klasse, knallt die Schularbeiten Hefte auf den Lehrertisch und befeuert die ohnehin schon angespannte Situation mit den Worten: „Diese Schularbeit hat‘s in sich. Jetzt werden wir mal die Spreu vom Weizen trennen.“ Augenblicklich höre ich meinen eigenen Herzschlag so laut, dass ich die folgenden Worte des Lehrers kaum verstehe. Meine Hände schwitzen, mein Magen krampft sich zusammen und obwohl ich in der Pause noch auf der Toilette war, bezweifle ich, ob ich die nächsten 45 Minuten durchhalten werde. Ein bisschen Stress und Aufregung vor einer Prüfungssituation kennt jeder. Das durch den Körper strömende Adrenalin hilft, die Körperfunktionen hochzufahren. Die Aufmerksamkeit steigt, man fühlt sich wach und fokussiert. Wir sind in der Lage uns auf die Herausforderung zu konzentrieren. Wenn aber die Belastungen vor einer Prüfungssituation so stark sind, dass unsere Körperfunktionen in den Überlebensmodus schalten, dann sind wir weit davon entfernt, eine gute Performance abzuliefern. Wenn deine Prüfungsleistungen regelmäßig weit hinter deinen möglichen Leistungen bleiben, schon der Gedanke an eine Prüfungssituation deinen Puls beschleunigt oder die Vorbereitungen fast unmöglich machen, dann ist es Zeit zu handeln. Oft wird der Grundstein zu Prüfungsangst in der Schulzeit gelegt. Danach ist eine Ausdehnung auf andere Lebensbereiche wie zum Beispiel die Führerscheinprüfung, ein Vorstellungsgespräch oder Situationen, die einer Prüfung ähneln, wie das Sprechen vor Publikum, möglich. Zeit, sich dieses verbreitete Phänomen genauer anzuschauen Nach der internationalen Klassifikation für Krankheiten (ICD 10) kann die Prüfungsangst als soziale Phobie (Angst vor Bewertung oder Kritik) oder nach dem amerikanischen Klassifikationssystem für psychische Störungen (DSM 5) als spezifische Phobie klassifiziert werden. Die Voraussetzungen, ob es sich im Einzelfall um eine Störung oder Krankheit handelt, stellt ein Arzt oder eine Ärztin fest. Mehr dazu später. Wie häufig Prüfungsangst auftritt, ist schwer zu sagen. Belastbare Zahlen aus Studien gibt es nicht, doch man geht von ca. 50 Prozent der Schülerinnen und Schüler der Mittelstufe und Oberstufe aus. Bei den Studierenden geht man von ca. 10 % aus. Die Ursache für den geringeren Wert unter Studierenden liegt am Abbruch des Bildungsweges bei Menschen mit starker Prüfungsangst. Tendenziell suchen mehr Mädchen als Jungen professionelle Unterstützung um Prüfungsangst zu überwinden. Die Ursache hierfür kann entweder daran liegen, dass Mädchen grundsätzlich eher Hilfe suchen oder an sich arbeiten wollen und Jungs daher in den Statistiken weniger häufig aufscheinen. Es kann aber auch daran liegen, dass Mädchen tendenziell eher zu Ängstlichkeit neigen. Interessant finde ich auch, dass Studierende des Studienfaches Sport auffallend selten von Prüfungsangst berichten. Das kann wiederum daran liegen, dass sie es gewohnt sind, in kompetitiven Situationen Leistung zu zeigen oder aber regelmäßige Bewegung und ein gesunder Lebensstil mindern die Neigung zur Ängstlichkeit. Wo auch immer du dich einordnen kannst, sollten deine Symptome so stark sein, dass du eine massive Belastung spürst, so rate ich dir eher heute als morgen professionelle Hilfe bei einer Ärztin oder Arzt zu suchen. Mehr als nur ein bisschen nervös Die Anspannung vor Prüfungen oder ähnlichen Situationen zeigt sich auf mehreren Ebenen. Wie oben beschrieben, passieren in unserem Körper allerhand biochemische Vorgänge. Im Gehirn werden bestimmte Regionen aktiviert, die eine höhere Aufmerksamkeit und Konzentration ermöglichen sollen. Adrenalin und andere Botenstoffe werden in unsere Blutbahn geschickt. Unser Puls steigt, die Muskeln spannen sich an. Die Haut wird stärker durchblutet und wir beginnen zu schwitzen. Auf emotionaler Ebene durchleben wir eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Wird aus einer gesunden Anspannung Angst, so verlieren wir den Zugriff auf unsere kognitiven Fähigkeiten. Je mehr wir versuchen nachzudenken, desto mehr befeuern wir damit unsere inneren Stimmen. Wir reden uns ein, dass wir ohnehin wieder versagen werden, die anderen viel besser vorbereitet sind und wir sowieso nichts können. Je häufiger wir solche oder ähnliche Situationen erleben, desto mehr Einfluss haben diese Erlebnisse auf unser Verhalten. Wir spüren dann die Angst nicht erst kurz vor der Prüfung, sondern schon beim Gedanken daran. Wir beginnen immer später für Prüfungen zu lernen, schieben wichtige Termine auf oder versäumen sie bewusst. Dies kann sogar so weit gehen, dass man tatsächlich vor Prüfungen richtig krank wird. Was wirkt? Gibt man sich dieser Abwärtsspirale aus Angst und Hilflosigkeit hin, so werden sich die Symptome mit jeder Herausforderung verschlimmern. Häufig ist es schwer, alleine hier wieder rauszukommen. Doch es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, etwas dagegen zu tun. Wir helfen dir Schritt für Schritt aus dieser Abwärtsspirale. Vereinbare noch heute einen kostenlosen Termin zu einem Erstgespräch. Gemeinsam finden wir den für dich richtigen Weg. Beitragsbild: Foto von Siora Photography auf Unsplash